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Epistula Corvi XXXVII


Liebe Leserinnen und Leser,


meiner Begeisterung für Dune, zu Deutsch Der Wüstenplanet, lasse ich immer wieder gern freien Lauf, wenn ich gefragt werde – und auch, wenn ich nicht gefragt werde. Da bin ich ganz Fanboy. Deswegen ist es mir eine große Freude, dass ich das Rollenspiel Dune: Adventures in the Imperium für Ulisses Spiele aus dem Englischen übersetzen durfte.

Dune

Das steht in zeitlichem Zusammenhang mit der neuen Verfilmung, deren erster Teil vermutlich im Herbst 2021 in die Kinos kommen wird. Für diejenigen, die nicht wissen, worum es in dieser für die Science-Fiction grundlegenden Geschichte geht, hier mein Versuch einer Zusammenfassung aus dem Jahr 2017:


In Der Wüstenplanet begegnen uns perfekte Romanfiguren, zugleich archetypisch und individuell. Genial komponiert von der Namenswahl (»Duncan Idaho« für einen Waffenmeister) bis zu den tief implantierten Funktionen, die sie in der Geschichte ausfüllen (Lady Jessica als Mätresse, aber Mutter des nächsten Herzogs, abtrünnige, aber gut ausgebildete »Hexe«, liebende Frau und hellsichtige Politikerin).

Die Sprache ist einfach und klar und drückt doch hochkomplexe Überlegungen aus, die einen noch Jahrzehnte nach der Lektüre beschäftigen. Auf »Technobabbel« wird weitgehend verzichtet. Die Geschichte spielt etwa im Jahr 10.000 einer neuen Zeitrechnung (gut 20.000 Jahr ein der Zukunft), Herbert versucht gar nicht erst, die Raumfahrttechnik oder Ähnliches zu plausibilisieren. Das ist ein schlauer Zug. Für einen heutigen Leser muss sie notwendigerweise so unverständlich bleiben wie ein Smartphone für einen Neanderthaler. Er beschreibt lediglich die Effekte, die für die Geschichte notwendig sind. Und das tut er aus der menschlichen Wahrnehmung heraus, sodass wir sie miterleben können.

Zur Sprache gehören auch geniale Wortschöpfungen (»Ornithopter« für ein Fluggerät, das auf dem Prinzip des Flügelschlags basiert) und Zitate, die einem nie wieder aus dem Kopf gehen (»Das Spice muss fließen.« – »Jedes Verbrechen muss zugleich eine Sünde sein.« – »Die Angst ist der kleine Tod.«).

Eine gesellschaftliche Zukunftsvision, die allegorisch und zugleich konkret ist. Konkret, weil die Idee einer machtlosen Weltregierung, unterhalb derer totalitäre oder zumindest autokratische Herrscher hemmungslos um die wahre Macht ringen, durchaus eine aktuelle Tendenz ist. Allegorisch beispielsweise über das Spice, ein rares Gewürz, um das sich alles im Universum dreht, ohne das der interstellare Verkehr zusammenbrechen würde, ohne das die Menschheit in Primitivität versänke, das dem, der es besitzt, große Macht verleiht, das vielseitig einsetzbar ist, zum Beispiel auch gesund erhält und die Lebensspanne verlängert. Natürlich ist das Spice eine Allegorie auf das Geld in unserer Welt (auch wenn der Autor das Erdöl im Sinn hatte).

Der Wüstenplanet stellt – und auch das ist wichtig in der Science-Fiction – Abgedrehtes glaubwürdig dar. Solange man das Buch liest, empfindet man es als plausibel, dass Erinnerungen vererbt werden …

Der Roman wagt etwas, wenn der die Geschlechterrollen so eindeutig festlegt. Politisch korrekt ist das nicht, wenn die Frauen Orden gründen, die die Intrige perfektionieren und aus dem Hintergrund gewissenlos die Herrschenden zu Aktionen verleiten, die Abermillionen für fragwürdige Ziele eines Zuchtprogramms opfern. Während den Männern im Allgemeinen der Überblick fehlt, sie aber in jedem einzelnen Moment über ihre Impulsivität ein Ergebnis erzwingen können. Sehr gewagt, dieses Menschenbild. Aber Literatur ist auch für gewagte Thesen da.

Der Wüstenplanet nimmt Religion als zentrales Motiv auf, und zwar als soziologischer Faktor, als Massenbewegung, die alles wegfegen kann, was ihr im Weg steht – kleinliche Bedenken, das Zaudern, Winkelzüge, schmierige Advokatendenke, Bürokratie, aber auch Moral, Rationalität, Wohlstand. Alles wird weggespült, wenn religiöse Ekstase ein Volk erfasst und im Ganzen durchdringt. Dann wird sie zur allein bestimmenden Kraft. (Ja, mir ist bewusst, dass die Betrachtung der soziologischen Komponente zu kurz greift, um das Phänomen Religion zu beschreiben. Aber bezogen auf diese Komponente ist Der Wüstenplanet unübertroffen.)

Noch ein kurzer Blick auf die Wirkung des Romans: Mit über 12 Millionen verkauften Exemplaren (niedrig geschätzt) hat das 1965 erschienene Werk nicht nur das Genre der Science-Fiction erheblich beeinflusst – es handelt sich um Weltliteratur, die auch von vielen gelesen wird, die dem Genre ansonsten abhold sind. In der SF aber ist Der Wüstenplanet ein Leitstern – viele haben sich daran orientiert, und ob ihn jemals jemand erreicht hat, bliebe zu diskutieren. Für mich ist er in seinem Feld ungeschlagen. Das wiederum kann nicht verwundern – dieses Buch hat sein eigenes Spiel erfunden, das Stadion gebaut und die Regeln gesetzt.


Doch nun genug davon – es gibt auch anderes zu berichten.


Was war

EUTOPIA_de_Cover

Das engagierte Projekt Podyssey liest Science-Fiction-Kurzgeschichten ein. Man kann es auf diversen Plattformen hören, auch auf YouTube. Die Lesung meiner Kurzgeschichte Eutopia findet sich zum Beispiel hier:


Noch immer hat uns Corona im Griff, entsprechend sind die Conventions weiterhin auf virtuelle Formate eingestellt. Das hat Bernhard Hennen und mich auf internationale Veranstaltungen gebracht, denn wenn man sich ohnehin via Discord trifft, ist egal, von wo aus man sich einwählt. Wir waren auf der us-amerikanischen GaryCon, benannt nach Gary Gygax, dem Erfinder des Rollenspiels Dungeons & Dragons. Dort haben wir unsere Sicht auf die Entwicklung von Figuren in einem interaktiven Workshop dargestellt. Und dann gab es noch die luxemburgische LuxCon, wo wir Die Phileasson-Saga präsentiert haben. Ich durfte dort zudem in Panels über epische Schlachten und über Raumschiffe sprechen. Dass es mir gelungen ist, meinen Diskussionspartner Dirk van den Boom von den Qualitäten der KRUSENSTERN zu überzeugen, ist allerdings nicht ganz unumstritten.


Zwei Audio-Interviews mit mir sind live gegangen.

Das erste wurde im Sommer 2020 aufgezeichnet, und zwar für Die Sendung mit dem Alrik. Diese widmet sich in jeder Folge einer Gottheit der fiktiven Fantasywelt von Das schwarze Auge, und nun war Swafnir, der Gott der Thorwaler, an der Reihe. Da ist der Bezug zur Phileasson-Saga, in der die beiden Hauptfiguren Thorwaler sind, evident.

WarpCast_Corvus

Das zweite wurde vom WarpCast geführt, der sich allgemein nerdigen Themen widmet. Auch hier geht es um Die Phileasson-Saga, allerdings mit dem Fokus auf dem Einstiegsband Nordwärts. Chris (Neuleser) und Sven (der die PHILEASSON-Kampagne als Rollenspiel gespielt hat und auch in der Romanreihe weit vorgedrungen ist) fühlen mir auf den Zahn.

Ein Video über literarische Genres kam gut an:


Jenny von Letters & Life hat mich auf YouTube getaggt, und so habe ich im Video einige Fragen zu meiner Fantasy-Lektüre beantwortet – und dazu, wie sie mein Schreiben beeinflusst hat. Inside Fantasy Book ist das Motto:


Bei den Phileasson-Hörbüchern hat Audible auch den dritten Teil, Die Wölfin, plangemäß veröffentlicht.


Im Rahmen meiner Besprechung der Gewinnerromane des Kurd-Laßwitz-Preises habe ich mich Wolfgang Jeschkes »Das Cusanus-Spiel« gewidmet. Ein schönes Buch mit Zeitreise-Thematik.


Was ist


Die jahrelange sitzende Tätigkeit fordert ihren Tribut. Ich sage dem schleichenden Fitness-Verlust mit Joggen und Gymnastikmatte den Kampf an, und seit dieser Woche steht ein Spinning-Bike in meinem Arbeitszimmer. Dafür musste mein hübscher Engel-Pappaufsteller weichen. Ich habe nämlich schon bei der Gymnastikmatte gemerkt, dass es für mich einen erheblichen Unterschied macht, ob diese aufgerollt direkt neben dem Schreibtisch steht (= tägliche Nutzung) oder im Nebenzimmer (= leicht vergessen). Bislang gelingt es mir gut, das Training in meinen Tagesablauf zu integrieren, und das körperliche Wohlbefinden ist bereits erheblich gestiegen.


Obwohl ich in den vergangenen Monaten nicht viele neue Videos hochgeladen habe, hat die Abonnentenzahl meines Kanals kürzlich die 2.000 erreicht. Das freut mich, zumal ich vorhabe, künftig wieder mehr in dieser Richtung zu machen (siehe unten).


Was mich aktuell davon abgehalten hat, ist die Übersetzung des Rollenspielmaterials zu Dune. Eine zeitaufwändige Sache, da es nicht nur gilt, einen englischsprachigen Text ins Deutsche zu übertragen. Vielmehr habe ich auch detektivisch in den englischsprachigen eBooks der ca. 20 in diesem Universum erschienenen Romanen gesucht, wenn es um Begriffe wie »fremkit« oder »extended memory« oder »twisted mentat« ging, damit die Übersetzungen exakt mit denen übereinstimmen, die für die Romane gewählt wurden. Ich freue mich, dass der aktuelle Übersetzer der Romanreihe, Jakob Schmidt, die Fragen, die bei mir letztlich doch noch offen blieben, so gründlich beantwortet hat (zum Beispiel zur Übersetzung von Begriffen, die im Roman »Der Herzog von Caladan« auftauchen, der noch nicht auf Deutsch erschienen ist). Zudem galt es, die Regellogik des Rollenspiels zu beachten. Wenn ein »Talent« einmal als »mitreißende Rhetorik« bezeichnet wird, dann muss es auch immer exakt so bezeichnet werden, nicht als »einnehmende Rhetorik« oder »mitreißende Redekunst«, weil Variationen zu Missverständnissen in der Regelauslegung führen könnten. Und schließlich gab es auch ein paar Inkonsistenzen im Original, die nicht nur korrigiert, sondern auch mit dem Originalverlag besprochen werden wollten.

Aber im Ergebnis habe ich nun einen kleinen Fußabdruck im unermesslichen Sand von Arrakis hinterlassen, und das freut mich. Ich nehme an, dass die deutsche Version des Rollenspiels in zeitlicher Nähe zur Kinopremiere erscheinen wird. Bis dahin kann man sich ein Review der englischsprachigen Fassung anschauen, das von meinem Autorenkollegen Dan Wells stammt (auch für ihn ist Dune übrigens der beste Roman aller Zeiten – er betrachtet die Angelegenheit also mit demselben Objektivitätsgrad wie ich):


Phileasson-Logo

audible


Ohne mein Zutun erscheinen weitere Romane der Phileasson-Saga als Audible-Hörbücher. Gerade wurde mit Silberflamme der vierte Band angekündigt, und zwar für den 17. Juni. Da Audible die Rechte an der kompletten Reihe erworben habe, nehme ich an, dass etwa zum Jahreswechsel mit den Print-Romanen gleichgezogen werden dürfte.


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Was diese angeht, arbeiten Bernhard Hennen und ich gerade am zehnten Band, Nebelinseln, zu dem es nun auch ein Titelbild gibt. Über die Hälfte des Manuskripts befindet sich bereits im Fachlektorat bei Ulisses, wo die Stimmigkeit mit den Setzungen zu Aventurien sichergestellt wird.


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Bei PERRY RHODAN erscheint in diesem Monat mein nächster Doppelband, nämlich Nr. 3118 Jäger und Sucher am 21. Mai und Nr. 3119 Gemeinsam für Ghuurdad am 28. Mai. Am Ende von Band 3118 erwartet die Leserschaft ein echter Knüller. Allerdings ist dieser Doppelband eher etwas für jene, die den Zyklus seit Band 3100 kontinuierlich verfolgt haben, nicht so sehr für Neueinsteiger.


Das Manuskript zu Sternenbrücke liegt zum Vorlektorat im Piper-Verlag, hier sollte ich bald Rückmeldung bekommen.



Was wird

Es ist an der Zeit, den arrakischen Sand aus der Kleidung zu klopfen und mich auf die Seekiste zu setzen, um wieder die Riemen für den Foggwulf zu pullen. Band XI – Arbeitstitel: Elfenkönig – will geschrieben werden. Den Prolog habe ich bereits vergangenes Jahr verfasst, nun steht der Hauptteil an. Bernhard und ich haben einige Elemente diskutiert, und wenigstens eines davon wird unsere Fans mit Sicherheit überraschen, vielleicht sogar schockieren. Es bricht mit der üblichen Logik dieser Art von Erzählungen.

Ich lese mich in Quelltexte zu den Regionen ein, die diesmal bereist werden. Dabei kommt mir entgegen, dass Ulisses kürzlich das Material zu den »Gestaden des Gottwals« fertiggestellt und verschickt hat. Es liefert gute Inspiration.


Frechen_Plakat

Mit der Phileasson-Saga wird sich auch die Online-Lesung beschäftigen, die vom engagierten Team der Stadtbibliothek Frechen veranstaltet wird. Sie findet am 16. Juni um 19:30 Uhr auf Zoom statt, jeder kann kostenlos teilnehmen. Bernhard und ich wollen diesmal die Saga als Ganzes vorstellen und werden auch gern übergreifende Themen mit dem Publikum diskutieren.


Vor-Ort-Termine bleiben schwierig, auch wenn die aktuelle Pandemie-Entwicklung Besserung verheißt. Man muss abwarten, was zu welchem Zeitpunkt möglich ist, was für die Veranstalter sicher noch nervenzehrender ist als für mich. Jedenfalls kann man den aktuellen Stand der Terminplanungen (und, falls nötig, Korrekturen dazu) wie immer in meiner Terminliste finden.


Bei meinen Videobesprechungen zu den Kurd-Laßwitz-Preisträgern wollte ich dieses Jahr eigentlich einen Roman pro Monat schaffen. Die zwei Romane, die ich bisher behandeln konnte – Der Schwarm und Das Cusanus-Spiel – sind aber recht umfangreich, und ich hatte auch einiges anderes zu tun. Deswegen bin ich hinter dem Plan zurückgefallen, aber das Zwischenziel, die Gewinner des ersten 2000er-Jahrzehnts zu behandeln, habe ich bald erreicht. Offen ist noch jeweils ein Roman von Franke, Eschbach und Dath, und der erste davon sollte nächste Woche »fällig« sein.


Motiviert durch das Erreichen der 2000-Abonnenten-Marke möchte ich auch wieder andere Videos machen. Vielleicht beginne ich mit einem Live-Format, das ich auf Twitch versuchen könnte (die Aufzeichnungen könnte ich dann nachbearbeiten, straffen und auf YouTube zur Verfügung stellen). Schließlich hat mir mein Gastauftritt bei Madeleine Puljic gut gefallen. Möglicherweise ein nächtliches Rabengeplauder mal mit, mal ohne Gäste. Dazu versuche ich gerade, die Technik mit Overlays etc. etwas besser zu verstehen.


Nun ist bei mir aber wieder Lesezeit angesagt: Auf der Spur des Engels von Herbert W. Franke. Ich hoffe, Sie haben ebenfalls ein gutes Buch zur Hand – und wenn auf dessen Cover mein Autorenname stehen sollte, freut mich das besonders.


Robert CorvusBernard Craw



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