Epistula Corvi XXXVI
Liebe Leserinnen und Leser,
gestern habe ich meine Videobesprechung zu Frank Schätzings hervorragendem Roman Der Schwarm hochgeladen. Sie ist eine weitere Folge in der Reihe, in der ich die Gewinner des renommierten Kurd-Laßwitz-Preises bespreche.
Schwärme begegnen uns seit geraumer Zeit auch im Literaturbetrieb. Mit André Wiesler führte ich im Juni 2015 ein Gespräch, das in der ›Rabenloge‹ erschien. Darin berichtete er von seinem Projekt Protektor, das er im Selbstverlag umsetzen wollte. Um das Startkapital dafür aufzubringen, startete er ein ›Crowdfunding‹. Ein Prinzip, das er mit dem deutschen Begriff ›Schwarmfinanzierung‹ umschrieb. Dabei verkündet eine Firma oder ein Kreativer, dass etwas umgesetzt werden soll. Nun können Unterstützer dafür Geld bereitstellen und erhalten im Gegenzug ›Dankeschöns«. Dazu kann das fertige Produkt gehören (zum Beispiel ein Roman), aber es können auch liebevoll gestaltete Lesezeichen, Postkarten vom Autor, eine Nennung in der Danksagung und ähnliche Dinge sein. Je nach Dankeschön ist der notwendige Unterstützungsbetrag unterschiedlich hoch, aber stets höher als der materielle Wert des Dankeschöns – denn es geht ja nicht darum, etwas einzukaufen, sondern, das Projekt zu unterstützen. Kommt die benötigte Summe nämlich nicht zusammen, erhalten alle ihr Geld zurück und das Projekt wird nicht realisiert.
Man wendet sich also an einen ›Schwarm‹ von (potenziellen) Unterstützern, die dann das Projekt (hoffentlich) ermöglichen. Vor allem im Rollenspielbereich ist diese Art der Finanzierung nicht mehr wegzudenken. Auch die Deluxe-Ausgabe der Phileasson-Saga startete auf diese Weise.
Im Literaturbereich noch nicht so etabliert, aber auf dem Vormarsch, ist das ›Schwarmmäzenatentum‹. Ich bin ein bisschen stolz darauf, mir dieses Wortungetüm gerade ausgedacht zu haben. Gemeint ist damit die regelmäßige, in der Regel monatliche, Unterstützung von Kreativen. Die größte Plattform dafür ist Patreon. Dort kann man ›Mäzen‹ oder ›Förderer‹ oder ›Unterstützer‹ oder ›Sponsor‹ – oder wie immer man es nennen möchte – einer Künstlerin oder eines Künstlers werden. Es geht also nicht um ein spezielles Projekt, sondern darum, als »Schwarm« so etwas wie ein regelmäßiges Gehalt für die Künstlerin oder den Künstler aufzubauen. Auch hier gibt es verschiedene Stufen, meist beginnend bei 1 Euro pro Monat, bis hinauf zu dreistelligen Beträgen pro Monat. Je nach Unterstützungs-Level gibt es auch hier Vorzüge – Vorabversionen gerade geschriebener Texte, spezielle Kurzgeschichten, Einblicke in den Schreiballtag, manchmal auch in das private Umfeld bis hin zu persönlichen Treffen. Die mehrfache HUGO-Gewinnerin N. K. Jemisin etwa erzielt auf diese Weise ein (zusätzliches) Monatseinkommen von 4.350 Euro, das ein Schwarm von 1.505 Unterstützerinnen und Unterstützern aufbringt. Ich denke, für die allermeisten Angehörigen der schreibenden Zunft wäre mit einer solchen Basis im Rücken egal, ob sich die Bücher überhaupt noch verkaufen.
Das faszinierende an diesen Konzepten ist für mich ihr demokratischer Charakter. Es geht nicht (primär) darum, dass einige Wenige ein Projekt oder eine Kreative/ einen Kreativen unterstützenswert finden. Die Masse macht’s. Und wenn die Arbeit nicht (mehr) überzeugt, kann diese Masse auch wieder abwandern. Alle entscheiden mit – manche mit einem Euro, andere mit einhundert, je nach finanziellen Möglichkeiten und wie wichtig das unterstützte Ziel ist.
Wird das dazu führen, dass die Kreativen nur noch für eine (vergleichsweise) kleine Klientel arbeiten und ihre Kunst mehr oder minder den eigenen Nabel umkreist?
Oder wird das Gegenteil der Fall sein und die Kunst entfaltet sich frei von ökonomischem Druck, um erstaunliche Pfade zu gehen und zu ungeahnten Höhen aufzusteigen?
Es ist zu früh, um das zu beantworten. Wenn wir in zehn Jahren auf die Gewinnertitel bei HUGO und Kurd-Laßwitz-Preis schauen, werden wir es vielleicht wissen.
Was war
Einen Blick zurück ins Jahr 2019 kann man im YouTube-Kanal von Nerd-TV werfen. Damals hat mich das sympathische Team auf der FedCon 2019 interviewt – für mich eine schöne Zeitreise in die Prä-Corona-Ära, die hoffentlich zugleich ein Ausblick auf die Post-Corona-Epoche ist:
Das Hörbuch zu Nordwärts ist wie geplant im Januar erschienen. Ungeplant – weil so etwas niemand planen kann – war der Erfolg: Mehrere Wochen hielt es sich in den Top 50 der allgemeinen Hörbuch-Charts von Audible. Zur Feier dieses Ereignisses habe ich einen Nordwäääääärts-Song aufgenommen, den man gern mitsingen darf, wenn man Sehnsucht nach dem Thorwalerchor verspürt:
Die Zeit seit der letzten Epistula Corvi war für mich durch das Erscheinen meines PERRY-RHODAN-Doppelbands 3101 Die Letzten der Lemurer und 3102 Der Eiserne Kontinent geprägt. Im Vorfeld, nämlich während der Entstehung, habe ich ein Videotagebuch geführt. An jedem Tag, an dem ich an den Heftromanen gearbeitet oder sich anderweitig etwas an ihnen getan hat, habe ich einen Videoschnipsel aufgenommen. Diese sind nun, gruppiert nach Arbeitsphasen, online gegangen und erfreuen sich großer Beliebtheit. Ich habe sie mit Interviews und Besprechungen zum Doppelband in einer Playlist zusammengefasst.
Zudem gab es – wie immer, wenn bei PERRY RHODAN etwas erscheint – ausgiebige Diskussionen im Forum, und auch bei einigen Zoom-Meetings durfte ich noch etwas dazu erzählen.
Ebenfalls üblich ist bei PERRY RHODAN, dass das Interesse zum nächsten Heftroman weiterwandert, sobald dieser erscheint. Mein Doppelband ist also aktuell kaum noch Thema. Es ist eben eine intensive Aufmerksamkeitsspitze, ganz anders als im Buchmarkt.
Unverhofft kam für mich die Teilnahme an den (dieses Jahr wegen Corona digitalen) Wacken Winter Nights. Dieser Ableger des weltgrößten Metalfestivals ist mir wegen meines Musikgeschmacks nah, weshalb mich der Auftritt gefreut hat. Bernhard Hennen und ich haben dabei Die Phileasson-Saga vorgestellt. Auf YouTube kann man es sich anschauen, wir bestreiten die letzte halbe Stunde.
Was ist
Die Hörbuchumsetzung der Phileasson-Saga schreitet plangemäß voran. Soeben ist mit Himmelsturm der zweite Band bei Audible erschienen, wieder eingelesen von Detlef Bierstedt, diesmal 16 Stunden und 11 Minuten lang.
Es gibt einen vorläufigen Veröffentlichungsplan; ab und zu soll ein Monat Pause zwischen den Hörbüchern sein, zum Beispiel im April, aber in den meisten Monaten soll eines erscheinen. Das könnte bedeuten, dass Anfang nächsten Jahres Buch- und Hörbuchreihe gleichauf sein werden.
Mit der Redaktion von PERRY RHODAN habe ich vereinbart, dass ich grundsätzlich öfter zur Verfügung stehen werde, um etwas zur Serie beizutragen. Zwar gehöre ich nicht zum Stamm-Autorenteam, aber wenn sich Lücken auftun, denkt man an mich. Das ist bereits geschehen, sodass ich wieder an einem Doppelband arbeite – meine Rohfassungen sind geschrieben, aktuell lasse ich die Manuskripte ruhen, um die Überarbeitungen mit frischen Augen angehen zu können. Ich werde dazu im Vorfeld seltener bei Online-Treffen etwas erzählen, als das bei 3101/ 3102 der Fall war, denn ich darf mich diesmal auf keinen Fall verplappern. In diesem Doppelband kommt es nämlich zu einer Enthüllung, die für die Fans der Serie ein echter Knüller sein wird.
Im Trubel seit Mitte Januar ist mein Videoprojekt zu Besprechungen der Gewinnerromane des Kurd-Laßwitz-Preises zu kurz gekommen. Als Ausgleich gibt es zu Frank Schätzings Roman Der Schwarm eine besonders ausführliche Folge, bei der ich auch viel zum Drumherum dieses Werks erzähle:
Zu Sternenbrücke ist der Vertrag unterschrieben.
Das Manuskript (Rohfassung) ist halb fertig, ich habe die Arbeit daran für den RHODAN-Doppelband unterbrochen. Was im Übrigen ganz gut war, weil an dieser Stelle von Sternenbrücke ein neuer Handlungsschauplatz aufgemacht wird. Dem werde ich mich nun widmen – nachdem meine Gedanken dazu ein bisschen reifen konnten.
Was wird
Jenseits der Sternenbrücke winkt mir der Foggwulf zu. Schon diesen Monat geht es gemeinsam mit Bernhard Hennen zurück auf die große Fahrt. Zu Band X, Nebelinseln, ist ja die Rohfassung von meiner Seite aus bereits fertig, sodass der (Wieder-)Einstieg für mich eher geruhsam erfolgen kann. Die gegenseitigen Überarbeitungen der Manuskriptteile von Bernhard und mir ist aber natürlich auch eine anspruchsvolle Aufgabe, und da ich danach mindestens meinen Teil an Band XI, wenn möglich sogar am Abschlussband XII schreiben möchte, könnte DIE PHILEASSON-SAGA die Folgemonate bis in den Sommer hinein prägen.
Dabei erweist sich als vorteilhaft, dass das Ulisses-Crowdfunding zu Die Gestade des Gottwals mir viel brandaktuelles Material zu Thorwal und seinen Bewohnern auf den Tisch gespült hat. Darin werden sich bestimme interessante Motive finden, die den Abschluss unserer Saga noch atmosphärischer machen können.
In Kürze wird ein längeres Audio-Interview online gehen, das Michael Munz für Die Sendung mit dem Alrik mit mir geführt hat. Schwerpunkt ist dabei die Gottheit Swafnir, aber auch Thorwal allgemein wird beleuchtet. Zudem reden wir über meine Person und selbstverständlich über Die Phileasson-Saga. Aufgenommen wurde das im August 2020, aber an Aktualität hat es für mein Empfinden nichts verloren.
Die Neuauflage weiterer meiner Romane auf dem Weg des Eigenverlags ist derzeit in den Hintergrund gerückt. Dafür ist eine Option, die ich bisher nicht ernsthaft im Blick hatte, durchaus eine Überlegung wert: eine überarbeitete Neuauflage in einem engagierten Kleinverlag. Das würde mir nämlich ermöglichen, bei überschaubarerem Aufwand meine Romane, insbesondere Die Schwertfeuer-Saga, auch im Print wieder lieferbar zu bekommen.
Eine eher irrationale Idee ist, mich als Übersetzer zu versuchen. Dabei ginge es um ein literarisches Universum, das mich beeindruckt – was auch der Grund für mein Engagement wäre. Ob etwas daraus wird, ist ungewiss.
Im Zuge der fortschreitenden Erfahrungen mit Corona und des Impfgeschehens gibt es auch wieder Versuche, Lesungen und Conventions zu organisieren. FedCon, NiederrheinCon, Bibliotheken, Büchereien … sofern das vor dem Hintergrund der Pandemie verantwortlich möglich ist, bin ich gern dabei. Die Planung muss aber derzeit flexibel gehalten werden. Im engeren Sinne fixiert sind nur die virtuellen/digitalen Auftritte, etwa beim LuxCon.
Zu finden sind alle Termine (und, falls nötig, Korrekturen dazu) in meiner Terminliste.
Nach wie vor gilt: Wer die Möglichkeit vermisst, auf Conventions signierte Exemplare von mir zu erwerben, wird in meinem Shop fündig.
Lesen Sie, hören Sie … wie auch immer Sie Romane am liebsten genießen. Falls welche von mir darunter sind, freut mich das.
Robert Corvus – Bernard Craw