Epistula Corvi XXXIII
Liebe Leserinnen und Leser,
in Rosentempel haben Bernhard Hennen und ich erzählt, wie sich unsere Drachenführer der Macht der Khôm stellen, der größten Wüste Aventuriens. Wie eine Wüste muss der Buchmarkt derzeit auch so manchem Fantasyautor vorkommen.
In Kalenderwoche 35/2020 stieg Echsengötter auf Platz 20 der Spiegel-Bestsellerliste Belletristik Paperback. Das ist dem besonderen Engagement unserer Fans zu verdanken. Niemals erreichten uns über verschiedene Social-Media-Kanäle so viele Beiträge, Kommentare und Fotos, die während der Erscheinungswoche auf frisch gekaufte Exemplare verwiesen. Im Ergebnis ist Echsengötter der sechste Band der Reihe, der mit dem Prädikat ›Spiegel-Bestseller‹ geschmückt ist. Sechs aus neun bislang erschienenen. Und egal, was mit den ausstehenden drei passiert: Auf jeden Fall wird – mindestens – die Hälfte dieser Reihe den Bestsellerstatus errungen haben. Eine Reihe mit solchem Umfang und solchem Erfolg, geschrieben in Deutschland – in der Fantasy ist das der derzeit einmalig.
Und das ist ein Problem. Als wir mit Die Phileasson-Saga starteten, war George R. R. Martin mit Das Lied von Eis und Feuer ein Dauermieter in den Paperback-Bestsellern. Allein der erste Band fand sich dort sage und schreibe 247 Wochen. Oft waren mehrere Titel der Serie gleichzeitig in den Top 20. Und dabei blieb es nicht, was die Fantasy angeht: Viele Kolleginnen und Kollegen, auch aus dem deutschsprachigen Raum, platzierten sich ebenfalls.
In der Kalenderwoche 35/2020 war Echsengötter der einzige Fantastik-Titel auf der Paperback-Bestsellerliste.
In den Top 20 Hardcover gab es in dieser Woche Meyers neuestes Twilight-Werk, Collins gelang eine Platzierung mit einem neuen Panem-Buch, Poznanski hatte den Roman Cryptos, und auch Stephen King war zu finden. 4 aus 20 – aber von den 4 keiner, den man der Fantasy zurechnen würde. 2 sind ›Nachwehen‹ äußerst erfolgreicher Reihen, und Stephen King war schon immer eine Klasse für sich. Bleibt also Poznanski, die als Exempel für erfolgreiche Fantastik in deutschsprachiger Originalausgabe dort ebenso einsam steht wie wir auf der Paperback-Liste.
Im Taschenbuch war es ebenfalls die Science-Fiction, die die Fantastik hochhielt: Elsbergs Thriller ›Gier‹. Als einziger Fantastik-Titel, wenn ich nichts übersehen habe.
Inzwischen (aktuell schreiben wir Kalenderwoche 37) steht Echsengötter erwartungsgemäß nicht mehr auf der Bestsellerliste. Damit war zu rechnen, unsere Fans schlagen in der Erscheinungswoche zu, danach flacht der Verkauf stark ab (es gibt aber noch eine Welle bei Nordwärts, weil Neueinsteiger meist mit dem ersten Band beginnen). Doch nach dem Rückzug von Echsengötter findet sich im Paperback nun kein einziger Fantastiktitel mehr in den Top 20 – obwohl Kolleginnen und Kollegen, die dort üblicherweise auftauchen, aktuell Werke auf den Markt bringen. Sie finden derzeit keine zahlenmäßig ausreichende Käuferschaft.
Das Problem an einer solchen Konstellation ist, dass es die Lektorinnen und Lektoren in den Verlagen schwer haben, zu überzeugen, dass man mit Fantasy im deutschsprachigen Original Geld verdienen kann. Entsprechend purzeln Vorschusszahlungen und Programmplätze werden verschoben oder gar gestrichen. Hinzu kommt das allgemeine Strecken der Programme im Zuge der Coronaeffekte – es erscheinen generell weniger Bücher pro Monat. Die eingekauften Manuskripte kommen dann tendenziell später (wie etwa Die Phileasson-Saga X: Nebelinseln, das wohl im Herbst statt im März 2021 in den Buchhandlungen stehen wird).
Weniger Plätze in der Fantasy … und diese mit bereits eingekauften Titeln auf längere Zeit belegt … noch nie habe ich die Chance für Neueinsteigerinnen und Neueinsteiger im Genre so schlecht gesehen wie jetzt. Was mich selbst betrifft, bin ich froh, dass sich unter den Manuskripten, die mein Agent derzeit anbietet, kein klassischer Fantasystoff befindet. Als wir dieses kleine ›Sortiment‹ zusammengestellt haben, hatte ich einfach Lust auf anderes …
Echsengötter ist für die deutschsprachige Fantasyszene also so etwas wie eine Oase in der Wüste. Das kleine Wasservorkommen, auf das man verweisen kann: Derzeit ist zwar nur wenig möglich – aber völlig unmöglich ist es nicht, mit Fantasy aus dem deutschsprachigen Raum gute Verkaufszahlen zu erreichen.
Zahlen sind leidenschaftslos. Sie bilden weder Wünsche noch Befürchtungen ab, sondern zeigen einfach nur Fakten: So steht es gerade am Buchmarkt. Wenn sie sich mittelfristig nicht bessern, werden sich die Akteure anpassen müssen, was auch bedeutet: Einige Akteure werden aus dem Markt ausscheiden. Möglicherweise wird es nächstes Jahr um diese Zeit weniger Publikumsverlage geben, die ein Fantasyprogramm auflegen, und weniger Kolleginnen und Kollegen, die professionell in diesem Feld tätig sein können.
Und irgendwo macht es das auch spannend für alle Beteiligten …
Was war
Auch diejenigen, die mein Vorwort übersprungen haben, sollen es erfahren: Für eine Woche stand Echsengötter auf der Spiegel-Bestsellerliste Belletristik Paperback. Herzlichen Dank allen, die das durch ihre Käufe ermöglicht haben!
Mit der NiederrheinCon fand nach langer Zeit mal wieder eine Convention mit physischer Anwesenheit statt, und zwar in den Niederrheinhallen in Wesel. Besondere Maßnahmen waren in Coronazeiten selbstverständlich: gute Lüftung durch weit geöffnete Türen, markierte Laufwege, Spender mit Handdesinfektionsmittel allerorten, Flächendesinfektionsmittel an den Ständen, natürlich auch Masken. Aber diese Einschränkungen habe ich kaum wahrgenommen. Zu gefangen war ich davon, endlich wieder das Convention-Feeling zu spüren. Der direkte Kontakt mit den Fans, das Signieren, das Anpreisen meiner Bücher, die Begegnung mit Kolleginnen und Kollegen … es war wundervoll! Das merkt man Bernhard Hennen und mir wohl auch in dem Videointerview an, das im Anschluss an die Veranstaltung geführt wurde:
Was ist
Dieses Wochenende ist KrähenCon! Die traditionelle Krefelder Rollenspielveranstaltung hat sich entschlossen, ein virtuelles Format mithilfe von Discord anzubieten. Das hat sich schon bei vergleichbaren Veranstaltungen wie der FeenCon bewährt. Bernhard Hennen und ich werden im Kanal ›Saal 1‹ auf dem Server der Convention Echsengötter präsentieren – am Sonntag um 1100 Uhr.
Auf der NiederrheinConvention hat man auch im positiven Sinne gemerkt, wie ausgehungert die Fanbase ist: Wir haben viele Bücher verkauft. Anfang des Jahres hatte ich mich in Erwartung vergleichbarer Veranstaltungen vorsorglich eingedeckt, was bedeutet, dass mein Keller nun recht voll ist. Wer schon immer mal ein signiertes Buch von mir haben wollte – zum Beispiel aus der wirklich sehr schönen Collection Corvus –, wird in meinem Webshop fündig (die Phileasson-Titel werden dabei gerade knapp).
In meiner Videoreihe zu den deutschsprachigen Gewinnerromanen des Kurd-Laßwitz-Preises habe ich nun auch das 1990er-Jahrzehnt abgeschlossen. Hier die zusammenfassende Betrachtung:
Verschiedene Handelsplattformen melden, dass die Anthologie Wir sind die Bunten aus dem acabus-Verlag nun lieferbar ist. Ich habe auch schon Fotos mit glücklichen Menschen gesehen, die das Buch in die Kamera halten. Neben vielen ebenfalls interessanten Beiträgen findet man in diesem Buch auch die Phileasson-Kurzgeschichte Der Duft der Wahrheit.
Auf phileasson.de gibt es nun die Anhänge zu den Romanen, also Glossar und Dramatis Personae, als PDF-Downloads. Leserinnen und Leser haben mir geschrieben, dass es nützlich sein könnte, diese Listen ausgedruckt neben das Buch zu legen, damit man während der Lektüre nachschauen kann, ohne zu blättern. Man findet sie auf den Unterseiten zum jeweiligen Roman.
Zum zehnten Phileasson-Roman liegen drei Titelbildentwürfe vor, die sich in der Farbgebung unterscheiden. Der einhellige Favorit ist primär rosafarben. Trotzdem strahlt das Bild eine gruselige Stimmung aus. Man muss es gesehen haben, um das nachvollziehen zu können. Ich gehe davon aus, dass die finale Version bald vorgestellt werden kann, also muss man nicht mehr lange darauf warten. Da der Titelschriftzug integriert ist, nehme ich an, dass der Arbeitstitel Nebelinseln der endgültige Titel bleibt.
Was den Inhalt dieses Buchs angeht, so habe ich den Prolog und den Phileassonstrang nicht nur geschrieben, sondern seit gestern auch fertig überarbeitet. Den Prolog hat Bernhard Hennen schon gelesen, seine Anmerkungen sind eingeflossen. Derzeit arbeitet er an einem neuen Elfenroman, weswegen es mit dem Phileassonstrang (und erst recht mit dem von ihm zu verfassenden Beornstrang) noch etwas dauern wird. Aber das ist nicht tragisch, da der Veröffentlichungstermin ohnehin voraussichtlich im Herbst 2021 liegen wird. Insgesamt haben Prolog und Phileassonstrang in diesem Roman etwas mehr als 600 Normseiten (um auf die Druckseiten zu kommen, muss man etwa zehn Prozent abziehen).
Auch für Die Phileasson-Saga XI, Arbeitstitel Elfenkönig, habe ich den Prolog geschrieben und überarbeitet. Damit habe ich keine Prologe mehr offen, denn der Prolog des Abschlussbands wird aus Bernhards Feder kommen.
Was wird
Für die letzte Veranstaltung mit physischer Anwesenheit, die in meinem Kalender steht, sieht es derzeit gut aus. Der ElsterCon in Leipzig soll vom 18. – 20. September mit 120 Teilnehmerinnen und Teilnehmern stattfinden. Neben einem Vortrag über die Gewinnerromane des Kurd-Laßwitz-Preises bis 1999 werde ich auch einen Vortrag anbieten, in dem ich prominente Archetypen aus Fantasy und Science-Fiction vergleiche: den Elf und den Roboter.
Für den Futuricon werde ich dagegen einen Vortrag zum Bau von Raumschiffen für SF-Geschichten beisteuern, und zwar in englischer Sprache. Diese Veranstaltung findet virtuell statt – was, positiv gewendet, einem breiteren Publikum die Teilnahme an einem EuroCon ermöglicht.
Diese und weitere Termine sind in meiner Terminliste zu finden.
Für eine weitere Veranstaltung besteht ein interessantes Konzept, das nicht auf einen speziellen Termin setzt, sondern auf den Aufbau einer Community über mehrere Monate hinweg. Derzeit bin ich noch in der Klärungsphase, um festzustellen, wie ich hier sinnvoll mitwirken kann.
In Leipzig hoffe ich, einige Kurd-Laßwitz-Preisträger zu treffen. Ich werde versuchen, sie für Videointerviews zu gewinnen. Denn meine entsprechende Reihe möchte ich nun, da die Hälfte geschafft ist, auch fortführen.
Was neue Schreibprojekte anbelangt, sehe ich einen Raum voller Möglichkeiten vor mir.
Zunächst sind da die Manuskripte, die mein Agent derzeit anbietet. Aktuell werden sie in mehreren Publikumsverlagen geprüft, was auch nicht erstaunen kann, da die thematische Spanne weit ist. Fantasy (in der Art, wie ich sie bisher geschrieben habe) ist nicht dabei, da reicht mir derzeit Die Phileasson-Saga. Aber Science-Fiction, und da sind die Gespräche recht weit fortgeschritten – ich diskutiere inhaltliche Fragen eines Exposés mit einem Lektorat. Auch das verwundert nicht, schließlich bin ich in diesem Feld etabliert. In anderen Bereichen wäre Robert Corvus ein neuer Name – mal schauen, ob wir dort Interesse wecken können.
Im Eigenverlag habe ich bislang nahezu ausschließlich Stoffe ausgewertet, für die ich die Rechte zurückbekommen habe. Dabei habe ich viel Erfahrung gesammelt, und insbesondere auf die drei Hardcover der Collection Corvus bin ich stolz. Ich könnte diesen Weg fortsetzen, es gibt noch einige Stoffe, deren Rechte ich zurückrufen dürfte. Aber derzeit würde mich mehr reizen, mit neuen Geschichten in dieser Publikationsform aufzuwarten. Dabei würde ich die Besonderheiten dieser Art, Geschichten an die Leserschaft zu bringen, nutzen. Auch hier wäre es wahrscheinlich Science-Fiction.
Da meine Gedanken derzeit stark auf dieses Genre gerichtet sind, wird es niemanden verwundern, dass auch der gerade bei PERRY RHODAN angekündigte Zyklus ab Band 3.100 einen besonderen Charme für mich hat. Chaotarchen … allein dieser Begriff regt doch bereits die Vorstellungskraft an, oder? Umso mehr, wenn man weiß, welche kosmischen Kräfte in der größten Science-Fiction-Serie der Welt dahinter stehen …
Die Chaotarchen sind groß, sie sind gefährlich, sie bieten Myriaden von Möglichkeiten. So wie der Buchmarkt derzeit. Für die Leserschaft jedenfalls dominieren die Möglichkeiten: Bücher, Bücher, Bücher … Ich hoffe, Sie finden im reichen Angebot welche, die Ihnen schöne Lesestunden schenken. Falls eines aus meiner Feder darunter ist, wird mich das besonders freuen.
Robert Corvus – Bernard Craw