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PERRY RHODAN

Die Zukunft beginnt von vorn – mit einer neuen Menschheit.

Autorenfoto


Perry Rhodan ist ›mitschuldig‹ an meiner Begeisterung für die Science-Fiction, und irgendwie auch an meinem Weg ins Fandom. Wer wissen möchte, welches sicher nicht weltverändernde, aber meine Sicht auf einige Dinge erweiternde Ereignis sich in den späten Achtzigern des vergangenen Jahrhunderts zutrug, kann hier etwas über meinen ersten Con lesen.

1990 gelang mir etwas, von dem jeder Fan trämt: Mein Leserbrief erschien in Perry Rhodan Heft 1488: Söhne der Hölle. Ich war noch nicht ganz 18, sozusagen ein junger wilder Rotzlöffel. Und ich wusste: Emotionale Ansprache, steile Thesen und pointierte Formulierungen erhöhen die Veröffentlichungschancen. Ich bitte, das bei der Lektüre zu bedenken.

Stell Dir vor, Du schüttelst den Kopf – und keiner sieht's!

Bei einem Filmdrehbuch liefert der Autor die Dialoge und einige wenige Regieanweisungen. Den Rest übernehmen die Schauspieler, die sich in ihre Rollen hineindenken und sie interpretieren, um für die Zuschauer körperliche Eigenheiten, Handlungen und Emotionen sichtbar zu machen.

Unsichtbare

In einem Roman muss der Autor diese Rolle mit übernehmen. Natürlich sind Dialoge wichtig, sogar entscheidend, aber auch das Bühnenbild will mit Worten gemalt werden und die Figuren müssen dem Leser plastisch vor Augen stehen. Hinzu kommen Angaben, wie etwas gesagt wird. Lacht jemand? Schmunzelt er? Wird etwas gezischt? Gesten lockern einen Dialog auf, die im Alltag so wichtige nonverbale Kommunikation (die, darf man einschlägig bewanderten Trainern vertrauen, mehr als die Hälfte des Informationsgehalts trägt) macht auch einen Roman lebendig. Da wird genickt, mit den Schultern gezuckt, abgewunken, mit dem Kopf geschüttelt. All dies wird immer wieder gern genommen, mit einiger Erfahrung wird ein Autor solche Dinge ohne viel Nachdenken einbauen.

Nur – beim Einsatz an Bord des Virenraumers war mir genau das verwehrt. Eritrea, Gwen und Güramy sind durch ihre Camouflageanzüge getarnt, die minimalisierte Funkverbindung filtert sogar die Sprachmodulation aus. Aus Eritreas Sicht beschrieben, kann man noch nicht einmal erkennen, ob Güramy eine Verteilerdrohne auf den Weg bringt oder Gwen eine Gewebeprobe nimmt. Man sieht nur Ortungspunkte auf einem Helmdisplay.

Zu Beginn meiner Schriftstellertätigkeit wäre ich diesem Problem ausgewichen. Ich hätte die Technik des Einsatzteams ›hochgeschrieben‹, mit einem speziellen Gimmick, das die Kameradinnen untereinander sichtbar macht. Vermutlich hätte ich dabei gedacht, dass ich damit die übliche Bandbreite der Beschreibungen zur Verfügung hätte und somit farbiger, mithin besser, erzählen könnte.

Aber wie sich im Film manchmal im Schwarzweißen, im Reduzierten, die deutlicheren Effekte erzielen lassen als im gewohnt Farbigen, so denke ich, dass die Isolation, die Einsamkeit der Teammitglieder im Innern des Feindes noch stärker, noch beklemmender wirkt, wenn der Leser begreift, wie wenig sie voneinander wahrnehmen. Da sind nur eine Funkverbindung mit emotionsloser Stimme, Ortungspunkte und Datenübertragungen. Den Rest muss sich Eritrea, müssen sich die Leser dazudenken. Dieser Verlust des Vertrauten, des Selbstverständlichen, seine Gefährten sehen zu können, macht das Abenteuer noch bedrohlicher. Dadurch steigert sich der ›Sinn für Gefahr‹, den ein Spannungsroman braucht, in Kombination mit dem ›Staunen über das Unbekannte‹, das die Science-Fiction ausmacht.

Wenn man sich die Augen verbindet, nimmt man seine Umgebung schlechter wahr – aber manchmal eben auch intensiver.


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