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Epistula Corvi XXVIII


Liebe Leserinnen und Leser,


die Frage, was Kunst ausmacht, wurde und wird ausgiebig diskutiert, ohne zu einem echten und allgemein akzeptierten Ergebnis zu führen. Handwerkliche Perfektion ist es jedenfalls nicht.

Im Bereich der Musik etwa sind die besten Handwerker – jene, die ein oder mehrere Instrumente perfekt beherrschen – in der Regel nicht die Stars auf der Bühne. Sie sind nicht diejenigen, für die Menschen Hunderte Kilometer fahren, um live zu erleben, was sie auch mit einem Klick im Internet anhören könnten. Vielmehr sind diese genialen Handwerker, die auf Zuruf einen Blues, eine Ballade, eine rockige Passage oder ein klassisches Stück spielen können, oftmals Studiomusiker. Man mietet sie sozusagen mit, wenn man Studiozeit für eine Aufnahme bucht, und auf dem fertigen Werk werden sie nicht erwähnt.

In der Schriftstellerei ist das ähnlich. Diejenigen, die sich bis aufs letzte Komma auskennen und auch in den entlegensten Winkeln der Grammatik ihren Weg finden, findet man in Lektoraten und Korrektoraten.

Was nicht heißt, dass ein Autor die Sprache gering achten sollte oder ein Musiker kein Taktgefühl haben müsste. Das Gegenteil ist richtig: Je besser sich der Künstler im zugrunde liegenden Handwerk auskennt, desto größer ist der Raum, in dem er sich ausdrücken kann.

Aber entscheidender als der Werkzeugkasten ist dieser Ausdruck. Er ist selten intellektuell (das ist eher im Sachbuch gefragt) und oft intuitiv. So, wie Intuition letztlich über Sympathie und Antipathie entscheidet, fühlt sich ein Publikum intuitiv zu einem Kunstwerk hingezogen, davon abgestoßen oder bleibt unberührt.

In diesem Sinne kann Kunst in allem liegen, was Menschen tun – wenn sie ihre Seele hineinlegen. In Japan hat das zu seltsamen Kunstformen geführt, wie dem Blumenstecken oder der Teezeremonie. Dabei wird etwas Flüchtiges, aber Perfektes geschaffen. Manchmal ist es dermaßen flüchtig, dass es nur für sich selbst existiert – ohne Publikum. Es ist wie ein Schmetterling, der nur einen Sommer lebt und auf einer entlegenen Wiese flattert, wo kein Mensch ihn zu Gesicht bekommt.

Damit kommt man vielleicht dem Wesen der Kunst nahe. Es geht nicht um Verkaufs- und Leserzahlen, Einnahmen, Besprechungen und Interviews. Es geht um das Kunstwerk selbst. Es hat einen Wert aus sich selbst heraus.

Darüber habe ich in den vergangenen Wochen nachgedacht, auch, weil es Thema meiner nun abgeschlossenen Trilogie Gezeiten der Macht ist. Mir ist von Neuem klar geworden, dass die Frage nicht sein kann, was ich mit meinen Büchern erreiche. Sie sind kein Mittel zu einem wie auch immer gearteten Zweck. Sie sind der Zweck.

Was war

Das Jahr 2019 klang für mich mit einigen Veranstaltungen aus. In der Buchhandlung Bärsch wurde ich sehr freundlich aufgenommen, als ich dort die ersten beiden Bände von Gezeiten der Macht vorgestellt habe.

Beim BuCon und beim DreieichCon hat sich eine angenehme Routine eingestellt. Es ist durchaus entspannend, wenn man mit den Veranstaltern ein Nicken austauschen kann, das bedeutet: »Wir machen es wie immer«.

Neu war für mich die BuchBerlin. Dort wurde mir einmal mehr bewusst, dass die Literaturlandschaft nicht nur vielfältig ist – eigentlich gibt es sogar viele parallel existierende Literaturlandschaften. Vielen Teilnehmern und Besuchern waren wir und unsere Phileasson-Saga (erst recht unsere Einzelwerke) unbekannt, was auch umgekehrt galt. Entsprechend neugierig habe ich dieses für mich neue Terrain mit Selfpublishern und Bookstagrammern erforscht und konnte viele neue Kontakte knüpfen.

Der Dezember und der Januar sind, was Veranstaltungen angeht, immer ruhig. Dadurch habe ich viel Zeit zum Lesen gefunden. Unter anderem habe ich meine Lektüre zu den Gewinnerromanen des Kurd-Laßwitz-Preises aus den 1980ern abgeschlossen und dazu ein zusammenfassendes Video gedreht:

Ausgekoppelt habe ich eine allgemeine Betrachtung zu Literaturpreisen:

Was ist

Das beherrschende Projekt ist für mich Die Phileasson-Saga. Gleich drei Romane befinden sich in Bearbeitung:

Phileasson_VIII

Phileasson_IX

Band VIII, Elfenkrieg, liegt als Umbruchfahne vor, und zwar bereits im zweiten Lauf. Das bedeutet, dass die Änderungen aus dem Korrektorat und von uns Autoren eingearbeitet wurden – nun haben wir geschaut, ob jetzt alles passt. Natürlich passt nicht alles, wir sind nicht mit jeder Änderung aus dem Korrektorat einverstanden, einige unserer Wünsche wurden übersehen und zu allem Überfluss haben wir uns mit der Textlänge einer Änderung verschätzt, sodass jetzt auf einer Seite eine Zeile zu viel steht. Das muss alles noch glatt gezogen werden, aber es dürfte den Setzer nicht mehr als eine Stunde kosten.

Bei Band IX, Echsengötter, befinden sich meine Textanteile in verschiedenen Bearbeitungsstufen. Der Prolog, der übrigens hauptsächlich auf einem Schiff mit dem schönen Namen Goldhaken spielt, liegt bereits im Hauptlektorat. Die ersten vierzig Seiten des Phileassonstrangs sind aus dem Fachlektorat bei Ulisses zurück, hier musste ich einige Stellen anpassen, um die Stimmigkeit mit der Hintergrundwelt zu wahren. Zu meiner Verteidigung sei dabei gesagt, dass zumindest eine dieser Setzungen neu ist. Hier habe ich also nach der verfügbaren Quellenlage korrekt recherchiert, aber mit der Weiterentwicklung des Hintergrundmaterials hat sich, was einen bestimmten Dämon angeht, eine Änderung ergeben. Den Rest des Phileassonstrangs, hier reden wir von 360 Normseiten, schaut mein Kollege Bernhard Hennen gerade durch und schickt sie mir in Stößen von etwa fünfzig Seiten. Ungefähr einmal wöchentlich treffen wir uns, gehen das bis dahin Aufgelaufene (= mehrere dieser Fünfzig-Seiten-Blöcke) noch einmal durch und schicken es an unsere Fachlektoren.

Zu Band X, XI und XII sind inzwischen alle Verträge unterschrieben, die Finanzierung der Serie ist nun also bis zum Abschluss gesichert. Bei Band X fällt mir erneut der Prolog zu. Hier habe ich einen Szenenplan erstellt, und da es motivische Überschneidungen mit der Sternenträger-Rollenspielkampagne gibt, habe ich diesen Plan mit den dort Verantwortlichen abgestimmt.

Für den dritten Band der Deluxe-Ausgabe, Schlangenzähne, fertigt die Künstlerin Tokala derzeit die Illustrationen an. Ich gehe davon aus, dass wir bald die Umbruchfahne zur Durchsicht bekommen werden.

Ein kleines Extra für Die Phileasson-Saga ist eine Kurzgeschichte, die inzwischen ebenfalls in der Rohfassung vorliegt. Sie wird in einer Anthologie gemeinsam mit anderen Geschichten erscheinen, die keinen Bezug zu unserer Saga haben.

Was wird

Einige Neuerscheinungen stehen an.


Ruinen der Macht

Den Anfang macht am 3. Februar 2020 Ruinen der Macht, der Abschlussband meiner Trilogie Gezeiten der Macht. Während der Arbeit an diesen Romanen habe ich gemerkt, dass ich zwar eine Geschichte über eine Revolution schreiben wollte, aber im Kern über Kunst und Künstler geschrieben habe. Auch diese Erkenntnis hat mich bewogen, mich bewusst (und nicht nur intuitiv) mit dem Thema zu beschäftigen – was wiederum einen Niederschlag in der Einleitung dieser Epistula Corvi gefunden hat.

Jedenfalls bin ich ausgesprochen zufrieden mit dem Ende von Ruinen der Macht. Ich glaube, ich habe nie ein besseres Ende geschrieben.

Wer den Roman mit anderen Leserinnen und Lesern sowie mir diskutieren möchte, findet auf literaturschock.de eine Leserunde.


Einen Monat nach Ruinen der Macht wird mit Elfenkrieg der achte Band der Phileasson-Saga erscheinen, und zwar am 9. März. Ein Jahr ist seit dem Vorgänger vergangen. Wir sind natürlich sehr gespannt, ob unsere Schildmaiden und Recken die Durststrecke überstanden und noch genug Schmalz in den Muskeln haben, um den Roman auf den Schild, sprich: auf die Spiegel-Bestsellerliste zu heben. Die vergangenen vier Mal ist das gelungen, deswegen sind wir optimistisch. Es ist übrigens der bisher längste Phileasson-Band, und ich glaube, man bekommt auch qualitativ etwas Ordentliches für sein Geld. Jedenfalls macht der Roman seinem Titel alle Ehre …

Schon am 10. August geht es weiter mit unseren Drachenführern. In den Buchhandlungen wird man ihr neuntes Abenteuer finden, das den Titel Echsengötter trägt.


Die Leipziger Buchmesse im März 2020 werde ich nicht besuchen. Allen, die dorthin fahren, wünsche ich viel Spaß und Erfolg.


Was ich bislang verschwiegen habe, weil ich noch für eine Überraschung gut sein will: Timo Kümmel und ich basteln seit ein paar Wochen an etwas … Und dieses Etwas gibt eine Richtung vor, die ich in den nächsten Monaten parallel zu Die Phileasson-Saga verfolgen werde. Ein paar weitere Mitstreiter habe ich dazu bereits um mich versammelt. Es geht um Kunst …


Zum Abschied wünsche ich Ihnen diesmal, dass Sie sich des Besonderen und Einmaligen in Ihrem Leben bewusst werden. Bleiben Sie ein Lebenskünstler – oder werden Sie einer …


Robert CorvusBernard Craw



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