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Epistula Corvi XXVI


Liebe Leserinnen und Leser,


ein eisiger Wind fegt durch die deutschsprachige Fantastik-Landschaft, und die Blumen erfrieren reihenweise. So jedenfalls will es scheinen, wenn ich die Meldungen betrachte, die mich in den vergangenen Monaten erreicht haben, und die Gespräche rekapituliere, die ich geführt habe.

In meiner Jugend standen vor allem zwei Verlage für Fantasy und Science-Fiction: Heyne und Bastei-Lübbe. Dass das Verlagshaus Lübbe seit Jahren finanziell vor Herausforderungen steht, ist nicht nur der Presse, sondern auch dem öffentlich zugänglichen Geschäftsbericht für die Aktionäre zu entnehmen. Eine besondere Tragik kommt dabei dem Umstand zu, dass das Kerngeschäft – das Machen und Vertreiben von Büchern – gut läuft, schwarze Zahlen schreibt und Spitzenpositionen in den Bestsellerlisten erobert. Zwar nicht unbedingt im Bereich der fantastischen Literatur, aber man denke nur an solche Namen wie Ken Follett oder Dan Brown. Doch die Schuldenlast drückt, die Gläubiger wollen bedient werden. Ob der Verkauf der Rätselheftsparte ausreicht, um das Wasser aus dem Boot zu schöpfen, muss die Zukunft weisen. Jedenfalls taumelt einer der Verlage, der uns in der Vergangenheit zuverlässig mit SF und Fantasy versorgt hat.

Anfang des Jahres meldete mit KNV der größte Zwischenbuchhändler Insolvenz an. Zur Erklärung: Verlage liefern ihre Bücher in der Regel nicht an einzelne Buchhandlungen aus – der logistische Aufwand des Verpackens und Versendens erfordert Spezialisten. Diese Spezialisten sind die Zwischenbuchhändler, die garantieren, dass jedes Buch bis zum nächsten Tag in der Buchhandlung liegt. In diesem Modell bekommt der Buchhändler die Ware also vom Zwischenbuchhändler, den er auch bezahlt. Das Geld fließt dann von diesem Zwischenbuchhändler zum Verlag. Oder auch nicht, wenn nämlich Zahlungen wegen eines Insolvenzverfahrens eingefroren werden. So geschehen bei KNV. Inzwischen – so habe ich es verstanden – ist eine Lösung für das Unternehmen unter neuer Eigentümerschaft gefunden und die anhängigen Rechnungen werden bezahlt. Aber für viele Verlage ist die Durststrecke, in der sie ihre eigenen Verbindlichkeiten gegenüber Autoren, Druckereien, ihrem Personal usw. bezahlen mussten, aber auf die Erlöse insbesondere aus dem Weihnachtsgeschäft noch warteten, eine harte Zeit gewesen. Für manche zu hart …

Ob es hieran oder an anderen Faktoren lag, kann ich im Einzelfall nicht beurteilen, aber die Insolvenzanmeldungen bei den Kleinverlagen, die sich auf Fantasy, Science-Fiction und zum Teil Horror spezialisiert haben, kamen etwa im Monatstakt.

Zu den seit längerer Zeit wirkenden Faktoren zählt sicher ein gestiegener Marktdruck. Vor einigen Jahren boomte die fantastische Literatur im deutschsprachigen Raum. Das hat zwei neue große Spieler aufs Feld gelockt: Fischer (mit dem Label Fischer-Tor) und Droemer. Eine für die Leserschaft absolut positiv zu wertende Entwicklung, beide Verlage brachten eine Menge frischen Wind und neue Impulse ein. Aber für die Kleinverlage wurden sie zu einer brutalen Konkurrenz. Ihre Titel standen plötzlich in den Fantasy- und SF-Regalen der Buchhandlungen, während man die Kleinverlagstitel oft bestellen muss (was auch kein böser Wille des Buchhandels ist, sondern schlicht am Aufwand liegt, Lieferanten mit einem kleinen Sortiment zu pflegen). Da eher das gekauft wird, was greifbar ist, als das, was bestellt werden muss, ist klar, wie dieser Wettkampf ausging.

Hinzu kommen die Selbstverleger, die verständlicherweise auch ihre Käufer suchen und finden wollen. Damit verbunden, aber nicht identisch ist das eBook als weitere Publikationsform. Oft niedrigpreisig, vor allem aber unbegrenzt lieferbar, was bedeutet, dass die Zahl der verfügbaren Titel nicht etwa konstant bleibt (weil alte Titel ausscheiden), sondern kontinuierlich anwächst. Für die Leserschaft ist das uneingeschränkt eine feine Sache, aber jedes neue Buch sieht sich unweigerlich einer größeren Konkurrenz gegenüber, als das noch ein Jahr zuvor der Fall gewesen ist. Das mag besonders die Fantasy und, mit Abstrichen, die Science-Fiction treffen – Genres, bei denen die Tagesaktualität eines Stoffes selten ins Gewicht fällt.

Und dann schrumpfte der Markt. Zumindest in dem Bereich, den ich wahrnehme, ist das offensichtlich: Man schaue nur einmal, wie viele Regale vor vier Jahren in den Abteilungen für Fantasy und SF standen, und wie wenige es jetzt sind. Der Kuchen, der nun unter mehr Hungrigen aufgeteilt wird, wird also auch noch kleiner. Die Großverlage reagieren mit einer Reduktion der Titelzahl in ihren Programmen, die Kleinverlage – teilweise – mit Bankrott.

Auch der Buchmarkt als Ganzes steht weiterhin unter Druck. Autoren, Verlage und Buchhandel sind Akteure, die auf den Verkauf von Neuware angewiesen sind – aber gebrauchte Bücher sind so leicht zu bekommen wie nie zuvor. Und vor allem wird das Interesse daran, sich eine Geschichte erzählen zu lassen, inzwischen bequem durch Filme und Serien bei Streamingdiensten und im DVD- und Bluray-Format erfüllt.

Wenn ich mit Kolleginnen und Kollegen spreche, treffe ich kaum jemanden, der mir freudestrahlend verkündet, er oder sie verkaufe gleich viel oder gar mehr als vor drei oder vor fünf Jahren. Es herrscht Winterstimmung. Wer Optimist ist, äußert die Hoffnung auf den Frühling, der nach dem Frost kommen mag und in dem die Pflanzen, die es durch die dunkle Zeit geschafft haben, umso größer und stärker blühen mögen. Völlig unberechtigt ist das nicht; die Nachfrage in der Unterhaltungsindustrie unterliegt seit jeher Wellenschlägen, und vielleicht ist es in ein paar Jahren wieder modern, viel zu lesen, und SF und Fantasy mögen dann coole Gesprächsthemen auf Parties sein. Wer weiß …

Im Moment aber sehe ich die Sorgen der Kolleginnen und Kollegen, der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Verlagen. Es bedarf nur wenig Fantasie, sich vorzustellen, wie es sich anfühlt, wenn der finanzielle Druck so stark wird, dass Programme gesundschrumpfen, Verlage schließen, Berufswünsche angepasst oder begraben werden müssen. Es tut mir für jede Einzelne und jeden Einzelnen leid, die oder der nicht (mehr) tun kann, was er oder sie gern tun möchte.

Umso dankbarer bin ich, dass mich all das – zumindest derzeit – nicht betrifft. Sicher, meine Absatzzahlen könnten auch besser sein. Aber ich schreibe nach wie vor das, was ich gern schreiben möchte, und meine Partner in den Verlagen helfen mir, meine Geschichten für jeden verfügbar zu machen, der sich dafür interessiert. Für dieses Privileg habe ich hart gearbeitet, es wurde mir nicht geschenkt. Aber es bleibt ein Privileg, gerade in diesen Zeiten, und dessen bin ich mir bewusst.

Aktuell werde ich durch das Erscheinen von Ströme der Macht daran erinnert. Haben Sie den Roman schon in einer Buchhandlung erspäht?

Was war

Die Rohfassung des Manuskripts zu Ruinen der Macht, dem Abschlussband meiner Trilogie Gezeiten der Macht, ist fertig und liegt beim Piper Verlag. Da Ströme der Macht gerade brandaktuell ist, findet man das Buch im Verlagsplan erst beim Februar 2020, was uns angenehm viel Zeit gibt, um an der Fertigstellung zu arbeiten. Für die Leserschaft ist die gute Nachricht, dass der kreative und damit schlecht planbare Teil getan ist. Der pünktlichen Veröffentlichung dürfte damit nichts mehr im Wege stehen.

Feen-und-Con-Geschichten

Ich habe die FeenCon besucht, und zwar deren dreißigste Ausgabe. Zu diesem Anlass wurde eine Jubiläums-Anthologie aufgelegt, die man ausschließlich während der Convention erwerben konnte. Der Vollständigkeit halber sei hier der Titel genannt: Feen- und Con-Geschichten. Ich habe mich – was ich nur sehr selten tue – mit einer Kurzgeschichte beteiligt. Bei einem gemeinsamen Leseabend wurden nahezu alle enthaltenen Geschichten vorgetragen. Mich hat der Abwechslungsreichtum und der sprühende Witz angenehm überrascht, mir hat die Veranstaltung sehr gut gefallen. Wie überhaupt die gesamte FeenCon, die dieses Mal wieder deutlich besser besucht war als in den vergangenen Jahren. Das haben Bernhard Hennen und ich auch am Andrang an unserem Stand gemerkt.

Auf der FeenCon sind auch zwei interessante Videoaufzeichnungen des Kanals Senf dazu? entstanden:

     

Lootboy

Neu für uns war der Ausflug zu LootBoy, einer Plattform, auf der sich primär Computerspieler treffen. Bernhard und ich nahmen an einem Twitch-Hangout teil, der sich durch besonders rege Fragestellungen auszeichnete. Seitdem wird vier Wochen lang das LootPack LOOTeratur unters Volk gebracht, das in jeder dieser Wochen ein anderes eBook enthält (Söldnergold, den Prolog von Schlangengrab, Giftschatten, Perry Rhodan 2824: Ein Stern in der Dunkelheit).

Inwieweit sich solche Internetauftritte – auch bei großer Reichweite – in Verkäufe übersetzen lassen, ist stets zweifelhaft. In diesem Fall haben wir aber vergleichsweise gute Messmöglichkeiten, weil wir wissen, wie oft das Pack in welcher Woche gezogen wurde, und die anschließenden Verkäufe in den verbundenen Reihen beobachten können. Ich bin gespannt.

Was ist

Stroeme_der_Macht

Der 5. August ist der Erstveröffentlichungstag für Ströme der Macht. Einige eifrige Fans haben das Buch bereits in der Vorwoche aufgestöbert und sich gesichert, was mich natürlich freut. Meine Belegexemplare sind noch nicht eingetroffen, die Vorfreude hält also noch an.

Das_Imago_Projekt

Freude herrscht bei mir auch über aktuelle Nominierungen. So ist Das Imago-Projekt (diesen Roman halte ich für mein bestes Buch) für den Deutschen Science Fiction Preis vorgeschlagen. Hier handelt es sich um einen Jurypreis, wir dürfen also alle gespannt sein, wie das Komitee entscheidet:

dpp_logo

Auf Ihre Mithilfe baue ich dagegen beim Deutschen Phantastik Preis. Dieser wird in einem dreistufigen Verfahren ermittelt. Zunächst trifft eine Jury eine Vorauswahl dahingehend, welche Werke in den verschiedenen Kategorien auf der Longlist erscheinen. Das ist bereits geschehen, und ich bin gleich zweimal vertreten. Auch hier zieht man Das Imago-Projekt als besten deutschsprachigen Roman des Jahres 2018 in Betracht. Zudem können Bernhard Hennen und ich an, mit Die Phileasson-Saga unseren Titel in der Kategorie beste deutschsprachige Serie zu verteidigen.

Bei der Entscheidung, welche Werke den Sprung auf die Shortlist schaffen, kann jede und jeder mitwirken – es handelt sich um eine Internetabstimmung

Sie haben es bestimmt vermutet: Dies ist die Stelle, an der Sie ins Spiel kommen! Ich freue mich über jede Stimme, die für eines meiner Werke abgegeben wird. Dies ist den gesamten August 2019 hindurch möglich.

Sollten es Das Imago-Projekt oder Die Phileasson-Saga in die Endrunde schaffen, werde ich Ihnen Mitte September nochmals auf die Nerven gehen, denn dann läuft nach demselben Schema die Abstimmung für die Titelvergabe.

Phileasson_VIII  Phileasson_IX

Was meine Arbeit gegenwärtig prägt, ist ebenfalls Die Phileasson-Saga. Leider gab es etwas Verwirrung um den Veröffentlichungstermin des achten Bandes, achten Bandes, Elfenkrieg. Dieser wurde online (aber nicht auf phileasson.de) oft mit Anfang September 2019 angegeben. Tatsächlich wird das Buch am 9. März 2020 erscheinen. Gegenwärtig ist für den neunten Band, Echsengötter, mancherorts dasselbe Datum genannt, er wird aber voraussichtlich im Herbst 2020 kommen.

Das ist keine Panne, zumindest nicht, was den geplanten Schreibfortschritt angeht. Bernhard Hennen und ich haben bereits im Oktober 2018 signalisiert, dass wir uns erst von anderen Projekten ›freispielen‹ wollten, um die nächste Phileasson-Etappe konzentriert anzugehen.

Das ist nun geschafft, und der Prolog von Elfenkrieg liegt bei den Experten für ›Das schwarze Auge‹, die uns dabei helfen, alle für die Hintergrundwelt gesetzten Fakten zu berücksichtigen. Diesmal ist das eine knifflige Aufgabe, weil die Region, in der dieser Prolog spielt, zwischen der Handlungszeit und der Zeit, die in den meisten Quellenbüchern beschrieben wird, einen erheblichen kulturellen Umbruch erfahren hat. Auch die Haupthandlung im Phileasson-Strang ist schon ein gutes Stück vorangeschritten.

Eine Besonderheit der gegenwärtigen Arbeitsphase liegt darin, dass die Bände VIII, IX und X einerseits (bei Beorn) eine enge Verflechtung aufweisen, anderersteis (bei Band VIII und IX zwischen dem Beorn- und dem Phileasson-Strang) erhebliche Freiheitsgrade bieten. Das ist auch der Grund, aus dem wir uns für diesen Block freispielen wollten – und derzeit sieht es danach aus, dass unsere Rechnung aufgeht und wir einen größeren Schwung Phileasson in einer kompakten Arbeitsphase bewältigen können. Für mich stehen zudem vier Prologe an (die in dieser Reihe bekanntlich Novellenlänge haben), von denen wie erwähnt einer bereits in der Rohfassung fertig gestellt ist.

Was wird

Mit fünf Phileasson-Strängen und vier Prologen vor der Brust ist klar, dass mein Fokus für längere Zeit auf der Phileasson-Saga liegt. Dabei gehe ich davon aus, dass der Verlag auch den letzten Dreierblock (Band X, XI, XII) einkaufen wird. Alles spricht dafür, insbesondere die Platzierung der neuesten vier Bände auf der Spiegel-Bestsellerliste. Zudem hängen die Zeitpunkte, ab wann ich den jeweils nächsten Band angehen kann, damit zusammen, wie gut wir als Team insgesamt vorankommen. Aber da wir uns aktuell beide ›freigeschwommen‹ haben, sieht es auch dabei gut aus.

Wer sich für einen kleinen Artikel über meine diesjährige Reise nach Texas und New Mexico interessiert, kann ab dem 30. August im Zeitschriftenhandel zu PERRY RHODAN Nr. 3028 greifen und sollte im eingehefteten Report fündig werden.

Jenseits der Phileasson-Saga habe ich schreiberisch derzeit (abgesehen von zwei Kurzgeschichten) keine Pläne, will auch keine haben. Ich genieße den klaren Fokus auf die Geschichte von Foggwulf und Blender, die meine Arbeitsorganisation sehr viel stressfreier macht als noch vor einem halben Jahr.

Was Conventions und Lesungen angeht, bleibt 2019 ein betriebsames Jahr. Ich freue mich auf das Elbenwald-Festival am kommenden Wochenende, wo ich mit einer Lesung und einem Schreibworkshop zum Programm beitragen werde. Mitte August geht es dann zur Science Fiction World Convention. Einige erinnern sich bestimmt an die vielen Fotos, die ich letztes Jahr aus San José an meine Social Media Accounts geschickt habe. Dieses Jahr treffen sich die Science-Fiction-Fans in Irlands Hauptstadt Dublin. Auch hier habe ich zwei Programmpunkte: einen Vortrag zu PERRY RHODAN und die Moderation eines Panels über besonders düstere Fantasywelten.

Nach wie vor freue ich mich sehr auf meine Lesung in der Buchhandlung Bärsch in Flörsheim am Main am 16. Oktober. Ich bitte darum, die Veranstalter zu kontaktieren und Karten zu reservieren, damit wir gut planen können.


Weitere Informationen und Termine findet man wie immer in der Übersicht auf dieser Homepage


Diesen Newsletter habe ich mit einer Betrachtung der etwas rauen Umgebung begonnen, die ich derzeit wahrnehme. Mich erreichen aber auch immer wieder Zuschriften, die davon berichten, dass die Geschichten, die wir erzählen, Kraft geben können – gerade auch in rauen Zeiten. Wenn ein Buch das für Sie leisten kann, freut mich das. Und wenn ich dieses Buch geschrieben haben sollte, freut mich das umso mehr.


Robert CorvusBernard Craw



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